Innenstädte – neue Räume für die Zukunft

I. Ausgangslage

Unsere Innenstädte sind seit Jahren in der Krise: Filialisierung, Rückgang inhabergeführter Geschäfte, steigende Mietpreise, leerstehende sog. Schrottimmobilien. Hinzu kommt der Wandel im Handel: steigende Umsätze bei den Online-Giganten und einbrechende Zahlen im stationären, lokalen Einzelhandel.1 Die Corona-Pandemie hat in vielen Zentren diese Entwicklung beschleunigt.

Daher stehen Innenstädte einmal mehr im Fokus, in Gesellschaft und Medien wird die Renaissance des öffentlichen Raums verstärkt diskutiert. Handel, Gastronomie und Politik sitzen gemeinsam an einem Tisch und sind intensiv im Gespräch. Wo früher nur über immer mehr Parkplätze und Sonntagsöffnungen debattiert wurde, muss es heute um Digitalisierung, Klimaschutz und die Mobilitätswende als komplexe und miteinander verschränkte Herausforderungen gehen. In den nächsten Jahren gilt es, das System Stadt neu zu gestalten und gleichzeitig die Jahrhundertherausforderung Klimaschutz zu bewältigen.

Aktive Stadtplanung durch solide Personalausstattung und Bürgerbeteiligung

In der Krise wird die Stadt auch neu entdeckt: Temporäre Spielstraßen, Nachbarschaften, die gemeinsam Blumenbeete bepflanzt haben, Menschen, die sich häufiger in Parks und auf Plätzen treffen. Die Transformation der Innenstädte muss hier ansetzen und als dauerhafte Gemeinschaftsaufgabe bewältigt werden. Orientiert an der Neuen Leipzig Charta2 braucht es eine Ausrichtung am Gemeinwohl und integrierte Planungsansätze. Neben Rat und Verwaltung müssen auch Wirtschaft und Zivilgesellschaft sowie bestehende Netzwerke wie Standortgemeinschaften (ISG) zusammen arbeiten. Hierzu müssen umfassende Zukunftsstätten vor Ort eingerichtet werden. Ziel ist es, gemeinsam Innenstädte zu gestalten, die widerstandsfähiger sind. Angesichts der Herausforderungen Klimawandel und Digitalisierung ist es notwendig, künftige Gewinne nicht mehr vollständig zu kapitalisieren, sondern Reserven dazu zu nutzen, die Immobilien und die Innenstädte zu stärken. Partizipationsprozesse steigern die Planungsqualität und ermöglichen es, Projekte in der Innenstadt passgenau zu gestalten. Dafür müssen wir die ganze Breite der Zielgruppen erreichen – nur so können die Zentren zum Identifikationsort für alle werden.

Jede Stadt muss dabei selbst aktiv planerische Stadtentwicklung betreiben und dabei geht es nicht nur darum, das eigene Profil zu verändern, zu entwickeln oder zu stärken, sondern dies auch in regionale Abstimmung einzupassen. Es braucht eine klare und verbindliche Abgrenzung der Zentren in der Planung der Kommunen. Einzelhandelsstandorte auf der grünen Wiese und Überkapazitäten andernorts sind zugunsten einer Konzentration auf die Innenstadt zu verhindern.

Experimentelle und handlungsorientierte Planungsansätze und -verfahren, z.B. in Form von Reallaboren, sind insbesondere in Krisenzeiten ein wichtiger Baustein zur Transformation der Innenstädte. Es kann dabei vielerorts auf Erfahrungen bei bereits durchgeführten Zwischennutzungen zurückgegriffen werden. Internationale und lokale Netzwerke aller örtlichen Akteurinnen und Akteure sollten genutzt werden, um weitere Experimente zu initiieren. Diese Partnerschaften können interessante Anregungen zur Entwicklung der Innenstädte bringen.

Gute Nachbarschaft in einem vielfältigen Nutzungsmix

Die Resilienz von Innenstädten wird durch Nutzungsmischung gesteigert – je mehr verschiedene Nutzungen vor Ort sind, desto geringer die Abhängigkeit von einer Branche. Das Nebeneinander von scheinbar sich ausschließenden Nutzungen muss rechtssicher ermöglicht und im Alltag im Miteinander gelebt werden. Denn in der Vielfalt liegt die Zukunft: Es braucht je nach Ort eine Mischung aus Handel, Kulturangeboten, Gastronomie, Wohnraum, Büroflächen, Urbaner Produktion, Handwerk, Kreativwirtschaft, Bildungsangeboten, Pflegeangeboten und -dienstleistungen.

Hierfür bedarf es einer neuen Umbaukultur, rechtlicher Möglichkeiten für kreative Umbauten und dem Angebot von kleinteiligen Handelsflächen. In urbanen Gebieten kann eine ausdifferenzierte Quote einen guten Ansatz bieten, um die Durchmischung auch mit kleinteiligem Gewerbe und Handwerk zu gewährleisten. Denn die Grundlage unserer Städte lag bereits in der Durchmischung. Das Handwerk prägte mit seinen Zünften unsere Städte viele Jahrhunderte. Doch steigende Mieten sind für die inhabergeführten Betriebe eine Bedrohung. Elektrikerinnen und Elektriker, Schusterinnen und Schuster und moderne Manufakturen sind Teil unserer Gesellschaft und eine Chance für vielfältige Innenstädte.

Der Mix von Nutzungen sollte sich auch innerhalb von großen Gebäuden zeigen. Wo aktuell ein Kaufhaus leer steht, kann künftig ein Mix aus Handel, Büro und Wohnen die Resilienz der Immobile und damit wiederum der gesamten Innenstadt steigern.

„Die Innenstadt ist mehr als die Summe ihrer Nutzungen“ – auf die Menschen mit ihren Bedürfnissen und Interessen kommt es an, zu diesem Schluss kommt auch das Deutsche Institut für Urbanistik (difu).3 Öffentliche Räume und Fußgängerzonen in den Innenstädten müssen als Lebensraum für alle Menschen weiterentwickelt werden, z.B. durch inklusive Aufenthalts- und Begegnungsorte, bespielbare Stadträume sowie die Gestaltung mit Skateflächen. Die Neunutzung und Umnutzung von Leerständen bietet Potential für die Weiterentwicklung der Städte. Ebenso müssen Freiflächen und auch Verkehrsräume in den Fokus gerückt werden. Parkraum kann beispielsweise für Außengastronomie umgenutzt werden, Fußgängerzonen laden zum Verweilen ein. Auch das Zusammenwachsen von Innenstädten und Hochschulen bietet Chancen. Denn die Belebung der Stadt und die City als Campus sind ein Gewinn für beide Seiten. Also: Bildung, Weiterbildung, Kunst und Kultur können für manche Städte stilbildend werden.

Hohe Aufenthaltsqualität entsteht auch durch moderne Mobilitätskonzepte. Innenstädte müssen mit allen Verkehrsmitteln erreichbar sein – egal ob zu Fuß, mit dem Rad, dem Bus oder Auto. Verkehrsberuhigung und die Begrenzung des Durchgangsverkehrs steigern die Aufenthaltsqualität. Auch der Einzelhandel kann von autofreien oder autoarmen Innenstädten profitieren. Mittlerweile sprechen sich viele Einzelhändlerinnen und -händler für eine Reduzierung des Autoverkehrs in den Einkaufsstraßen aus, weil sich die höhere Aufenthaltsqualität für ihre Kundschaft auch auf den Umsatz positiv auswirkt.4 Der barrierefreie Ausbau der Innenstädte dient allen Menschen. Eine Innenstadt mit möglichst wenig (baulichen) Barrieren ist für Menschen mit körperlichen Einschränkungen, aber auch für Menschen mit Kinderwagen und Rollatoren ein Gewinn. Darüber hinaus sollten Städte auch in Hinblick auf akustische oder visuelle Einschränkungen gestaltet werden.

Digitalisierung als Chance für die Innenstadtgestaltung

Viele Kommunen nehmen den Zugang zu Daten zwar insgesamt mehr und mehr als wichtige Ressource u.a. für die eigene Planung und Steuerung wahr. Hier gibt es aber je nach Standort weitere Möglichkeiten, die Instrumente der Smart Cities für die Entwicklung der Innenstädte aufzugreifen. Digitale Tools können helfen, Planungsprozesse und -inhalte noch adressatengerechter zu kommunizieren, indem Informationen bereitgestellt oder Formen der Kommunikation, Vernetzung, Konsultation und Beteiligung verbessert werden. Digitale Park-und Fußgängerleitsysteme und digital unterstützte Logistikkonzepte können die Attraktivität der Innenstädte steigern.

Der stationäre Handel sollte unterstützt werden, um offline mit online zu verbinden. Netzwerke vor Ort (mit Kammern, Handelsverband, Wissenschaft und weiteren Akteursgruppen) sollten gemeinsame übergreifende Digitalisierungsstrategien entwickeln.

Im Rahmen der Bemühungen auf nationaler und europäischer Ebene, die Marktmacht der großen E-Commerce-Konzerne zu begrenzen, muss die Diskussion geführt werden, wie eine stärkere Einforderung von Beiträgen der großen Online-Plattformen zu Standortgesellschaften und kommunalen Gemeinschaftsanstrengungen zur Stärkung der Innenstädte gelingen kann.

Zukunftsgerichtete Innenstädte brauchen handlungsfähige Kommunen

Für die Transformation der Innenstädte sollten Städte und Gemeinden zentrale Akteurinnen werden und die Entwicklung der Innenstadt koordinieren. Dabei bündeln sie auch das vorhandene Wissen der Akteurinnen und Akteure vor Ort. Kommunale Haushalte müssen gestärkt werden, denn neben dem Personal braucht es auch ausreichende finanzielle Mittel für eine aktive Teilhabe am Immobilien- und Grundstücksmarkt und damit eine aktive, präventive Boden- und Liegenschaftspolitik.

Mangels finanzieller und personeller Ausstattung gab es in den vergangenen Jahrzehnten wenig „große Würfe“ von Seiten der kommunalen Stadtentwicklung. Mit entsprechender Personalausstattung können Kommunen auch wieder Vorsorgeplanungen in Form von Bebauungsplänen vorantreiben, statt zu oft und ohne Einbindung in einen Gesamtrahmen den §34 des BauGB anzuwenden und sich damit durch die Orientierung an der vorhandenen Bebauung nur begrenzt weiterzuentwickeln. Es bedarf also der Stärkung der kommunalen Haushalte inkl. kurzfristiger Perspektive zur Entschuldung. Dann können Kommunen wieder mehr Investitionen tätigen und ihre Städte selbst gestalten.

Zur Handlungsfähigkeit der Kommunen gehört auch ein Rechtsrahmen, der es ermöglicht, die Gemeinwohlorientierung von Eigentum in Bezug auf eine Gemeinschaftsanstrengung für unsere Innenstädte zur Geltung zu bringen. Leerstände und Teilleerstände, die heute von manchen Vermieterinnen und Vermietern aus kalkulatorischen Gründen in Kauf genommen werden, führen spätestens ab 20 Prozent der Innenstadtfläche zu Abwärtsspiralen. Diese Quote wird heute in vielen Städten schon übertroffen. Schrottimmobilien in Innenstädten müssen (wo möglich) umgenutzt oder (wenn nötig) abgerissen werden, um Platz für zukunftsfähige Nutzungen des Gebäudes oder der Fläche zu schaffen. Zusätzlich zu einem aktiven, präventiven Leerstandsmanagement mit der Zwischenanmietung gilt es, Baugebote nach dem BauGB auszunutzen und weiter auszubauen. Vorkaufsrechte und Erbpachten müssen vermehrt von Kommunen genutzt werden, um selbst wieder die Entwicklung der Innenstädte mitzubestimmen.

Grüne Infrastruktur – attraktiv und klimaschonend

Kommunen müssen es sich vermehrt zur Aufgabe machen, ihre Innenstadtentwicklung auf den Klimaschutz auszurichten. Es geht dabei um die Reduktion klimarelevanter Treibhausgase und auch um die Klimafolgenanpassung. Hitzewellen werden häufiger und heftiger in NRW. Schon jetzt werden unsere Innenstädte im Sommer zu Hitzeinseln, die sich auch nachts nicht mehr abkühlen. Faktoren, die die Wärme fördern, finden wir in vielen unserer Innenstädte: Dichte Bebauung und versiegelte Oberflächen, Gebäude, die nur wenig Sonnenstrahlung reflektieren, zusätzliche Wärmequellen wie Verkehr, wenig Stadtgrün, wenig Wasserflächen und wenig Luftaustausch durch Wind.

Auf der Konferenz HABITAT III der Vereinten Nationen wurde die „Erklärung von Quito zu nachhaltigen Städten und Menschlichen Siedlungen für alle“, auch bekannt als „New Urban Agenda“ 5, verabschiedet. Die unterzeichnenden Staaten haben sich unter anderem dazu bekannt und verpflichtet, frei zugängliche und grüne öffentliche Räume zu fördern, die soziale Interaktion, Inklusion, Gesundheit und Wohlergehen zu fördern und dieses mittels nachhaltiger Nutzung des materiellen und immateriellen Natur- und Kulturerbes in Städten und Siedlungen zu schützen.

Es braucht folglich mehr weiß, grün und blau in den Zentren. Während dunkle Dächer rund 20 Prozent des Sonnenlichts reflektieren, reflektieren weiße Dächer bis zu vier Fünftel der Strahlung. Laut Modellberechnungen könnte der Hitzeinseleffekt um 33 Prozent reduziert werden, wenn jedes Dach einer Stadt weiß wäre. Durchgrünte Innenstädte sind ein Beitrag zum Klimaschutz, sie laden zum Verweilen ein, dienen der menschlichen Gesundheit und der Biodiversität vor Ort. Sie schützen vor Hitze und sind Reserveflächen bei Starkregenereignissen. Stadtgrün lässt sich vielfältig realisieren: Mikroparks, Dach- und Fassadenbegrünung und Grünstreifen in den Fußgängerzonen. Zur Aufwertung und Vernetzung von Grün- und Freiflächen braucht es eine Grünflächenplanung, die die Vernetzung des Grüns anstrebt und unter anderem mit Straßengrün auch Frischluftschneisen frischen Wind in die City bringt.

Blaue Infrastruktur in Form von kleinen Seen, Fluss- und Bachläufen, Springbrunnen, Wasserspielen und anderen Wasserspendern erhöhen nicht nur den Freizeitwert einer Stadt, sie tragen auch aktiv zu ihrer Abkühlung bei. Die Speicherung von Regenwasser, Abwassermanagement und Konzepte des Hochwasserschutzes sollten mit der Innenstadtentwicklung stärker verknüpft werden.

II. Der Landtag stellt fest:

–     Die Belebung der Innenstädte kann nur im Diskurs mit den Menschen vor Ort bzw. der Zielgruppe nachhaltig entwickelt werden. Ausgehend von der Leipzig Charta braucht es in NRW eine neue Planungskultur.

–     Zentrale Akteure und Akteurinnen der Transformation der Innenstädte sitzen in den Kommunen. Städte und Gemeinden müssen rechtlich, finanziell und personell besser ausgestattet werden, um ihre Gestaltungsfähigkeit auszubauen.

–     Resiliente Zentren sind nachhaltige Zentren. Nur eine Innenstadt, die dem Klimawandel etwas entgegensetzt, ist zukunftsfähig. Grüne Innenstädte laden zum Spielen und Verweilen ein, nehmen Fußgänger in den Fokus und leisten einen eigenen Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele.

– Vielfalt und Kreativität sind zwei Grundpfeiler für die Zentrenentwicklung. Nutzungsmischung sichert Attraktivität und Resilienz für alle Anlieger. Leerstände sind kreativ zwischen- und nachhaltig umzunutzen.

–     Kleinteiliges Gewerbe und Handwerk sind und bleiben prägend für die Entwicklung der Innenstädte. Ihre Räume gilt es zu schützen und auszubauen.

– Durch ein Zusammenwachsen von Innenstädten und Bildungsangeboten, z.B. an Standorten, wo Hochschulen bisher auf der grünen Wiese angesiedelt sind, ergeben sich Chancen für beide Seiten.

–     Hohe Aufenthaltsqualität und gute Erreichbarkeit sind essentiell für Innenstädte. Wo die Menschen im Fokus sind, wird Verkehr beruhigt, weniger Fläche für Parkraum genutzt und neue Mobilitätsformen werden angeboten.

–     Barrierefreie Zentren sind attraktiv für alle Menschen. Innenstädte sind ein Ort der Begegnung und sollen daher die Teilhabe aller ermöglichen.

–     Digitalisierung ist eine Chance für die Transformation der Innenstädte. Die Verbindung von On- und Offline-Handel und die Potenziale in der Verkehrslenkung gilt es zu nutzen, um konkurrenzfähig zu sein.

III. Der Landtag beschließt:

Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  1. neben der langfristigen Stärkung der kommunalen Haushalte über die Kommunalfinanzierung auch eine kurzfristige Perspektive zur Entschuldung der Kommunen durch einen Altschuldenfonds zu schaffen;
  2. eine Verständigung herbeizuführen, die die Schuldenbremse und dringend notwendige Zukunftsinvestitionen in Einklang bringt;
  3. einen landesweiten Bodenfonds für Immobilien (Problemimmobilien u.a.) und Grundstücke in zentralen Lagen einzurichten und den Kommunen damit eine aktive Teilhabe am Immobilien- und Grundstücksmarkt sowie eine aktive, präventive Boden-und Liegenschaftspolitik vor Ort zu ermöglichen;
  4. mit seinen Netzwerken den Kommunen Vernetzungs- und Weiterbildungsangebote zu machen, insbesondere mit dem Ziel, eine neue Planungskultur, Bürgerräte und regionale Abstimmung vor Ort zu fördern;
  1. eine Novelle des ISG-Gesetzes vorzulegen, sodass Standortgemeinschaften zu umfassenden Zukunftsstätten weiterentwickelt werden, die es ermöglichen, gemeinsam mit allen Nutzerinnen und Nutzern geeignete Aktivitäten zur Stärkung der Innenstädte auf den Weg zu bringen;
  1. das Netzwerk Zukunft Innenstadt NRW in Hinblick auf Gemeinwohlorientierung zu erweitern, sodass die Transformation der Innenstädte als dauerhafte Gemeinschaftsaufgabe angegangen wird und Planungsansätze neben der Verwaltung auch Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Andere zu Akteuren machen;
  1. den Innenstadtfonds ergänzend zu den bestehenden Programmen der Städtebauförderung zu verstetigen, mit jährlichen Mitteln in Höhe von 100 Mio. Euro p.a. auszustatten und
    a. sicherzustellen, dass die Mittel aus dem Projektfonds aufgrund von Innenentwicklungskonzepten zur Standortqualifizierung und Verbesserung des Programmgebiets eingesetzt werden und über die Einbeziehung lokaler Akteure die Identifikation mit und die gemeinsame Verantwortung für die Projekte von Interessen- und Standortgemeinschaften vor Ort erhöhen;
    b. bei der Ausgestaltung darauf Wert zu legen, dass sich private Akteurinnen und Akteure aus der Gemeinde an dem Fonds vor Ort beteiligen;
    c. sicherzustellen, dass bei der Ausführung der Maßnahmen Belange des Klimaschutzes und Projekte zur Klimafolgenanpassung integraler Bestandteil der Planungen sind;
    d. sicherzustellen, dass bei der Ausführung der Maßnahmen die Vielfalt der möglichen Nutzungen geprüft wird und auch verschiedenste Projekte wie bespielbare Stadt, Uni in die City, Infrastruktur für Quartiers- oder Kulturangebote etc. gefördert werden.
    e. sicherzustellen, dass bei der Ausführung der Maßnahmen nachhaltige Mobilität zur Erreichbarkeit der Zentren berücksichtigt wird;
    f. sicherzustellen, dass bei der Ausführung der Maßnahmen Barrieren abgebaut werden, um auch mobilitätseingeschränkten Menschen die Nutzung der geförderten Objekte zu ermöglichen;
  2. im Zuge der Novellierung der Landesbauordnung Eingriffsmöglichkeiten für Kommunen im Umgang mit sogenannten „Schrottimmobilien“ und eine Innovationsklausel, zum Beispiel für Umnutzungen, rechtssicher und nach einem umfassenden Diskurs zu schaffen;
  1. im Rahmen des Landeswettbewerbs „Mobil.NRW – Mobilität in lebenswerten Städten“ Städte bei der Umsetzung von innovativen und zukunftsweisenden Konzepten zur Mobilität zu unterstützen. Ziel ist es, der Nahmobilität mehr Raum in den Innenstädten zu geben und damit einen Beitrag zur Resilienz der Zentren zu schaffen;
  1. in der Handwerksförderung des Landes ein Förderinstrument vorzusehen, dass die (Wieder-)ansiedelung von Handwerksbetrieben in den Innenstädten im Fokus hat;
  2. ein Konzept vorzulegen, wie die Förderkulissen des Hochschulbaus und Städtebaus verzahnt werden können, um gemeinsam Bildungsangebote in den Innenstädten auszubauen;
  3. Förderprogramme auszubauen, die eine Neuausrichtung der Geschäftsmodelle des lokalen, stationären Einzelhandels unterstützen, z.B. die Transformation zu stationären Angeboten in Kombination mit onlinegestützten Lieferangeboten;
  4. zu prüfen, inwieweit Programme aus den Bereichen Hochwasserschutz, Abwasser oder andere im Sinne des Ausbaus blauer Infrastruktur mit Mitteln der Städtebauförderung verknüpft werden können;
  1. im Rahmen der Bauministerkonferenz zu prüfen, welche Regelungen in Europa, im Bund und im Land getroffen werden können damit auch der nicht-ortsgebundene Online-Handel zu Beiträgen zu Standortgesellschaften und kommunalen Gemeinschaftsanstrengungen zur Stärkung der Innenstädte motiviert, ggf. verpflichtet werden kann.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf, sich im Bundesrat dafür einzusetzen:

  1. bestehende (Misch-)Gebietskategorien der BauNVO, insbesondere die Kategorie Urbanes Gebiet, so weiterzuentwickeln, dass es möglich ist, bestimmte Gewerbezweige bzw. produzierendes Gewerbe baurechtlich festzuschreiben, um die gewünschte Mischung gezielter erreichen zu können;
  2. in den Zielkatalog des Baugesetzbuches die städtische Funktionsvielfalt und Nutzungsmischung zur Bewahrung und Förderung eines verträglichen Miteinanders stärker hervorzuheben und hierfür
    a. die Gewährleistung städtischer Funktionsvielfalt, die Sicherung innerstädtischer Arbeitsplätze sowie der Versorgung der Bewohner im Nahbereich aufzunehmen und § 1 Abs. 6 Nr. 8 BauGB entsprechend anzupassen;
    b. die Sicherung innerstädtischer kleinteiliger Funktionsmischung als Beitrag zur ökologisch nachhaltigen Stadt und zur Vermeidung von Flächenverbrauch aufzunehmen und § 1a BauGB entsprechend anzupassen;
    c. die Erhaltungssatzung zu öffnen, so dass auch Handwerk, Kultur, kleinteiliges Gewerbe und Handel über die Ausweisung von Gewerbe- und Kulturerhaltungsgebieten geschützt werden können und hierfür den § 172 BauGB entsprechend anzupassen;
  1. zu prüfen, wie Anwohnerschutz und Nutzungsvielfalt in der TA Lärm ggf. im Rahmen einer Innovationsklausel optimiert werden können;
  2. zur Steigerung der Handlungsfähigkeit der Kommunen bei Problemimmobilien Vorkaufsrechte in §§ 24 ff. BauGB zu stärken und Vorkaufsrechte im Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung für Kommunen (ZVG) einzuführen;
  3. in der Städtebauförderung
    a. die bewährte Förderstruktur im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung vor Ort zu stärken und zukunftsfest auszurichten;
    b. dabei zusätzliche Mittel für Projekte in den Bereichen Smart City und Smart Region bereitzustellen; und das Programm „Zukunft Stadtgrün“ wieder zu beleben und in Richtung „Grüne und Blaue Infrastruktur in der Stadt“ weiterzuentwickeln und entsprechend der Empfehlungen des Weißbuchs Stadtgrün bestehende und geeignete Förderprogramme des Bundes um die Aspekte „Stadtnatur“, „Stadtgrün“ und „Stadtklima“ zu erweitern;
  4. im Steuerrecht Anreize für das Engagement privater Akteure in den Zentren zu schaffen und die Nicht-Entwicklung und Nicht-Nutzung von Immobilien steuerlich zu belasten;
  5. Regularien aus dem Wohnraummietrecht (z.B. Kündigungsschutz bei unbefristeten Verträgen oder Verlängerungsrecht bei befristeten Verträgen) für begrenzte Räume in Innenstädten einzuführen.

 

1 https://www.ifhkoeln.de/online-vs-offline-deutsche-innenstaedte-von-frequenzverlusten-betroffen/

2 https://www.bmi.bund.de/DE/themen/bauen-wohnen/stadt-wohnen/stadtentwicklung/neue-leipzig-charta/neue-leipzig-charta-node.htm l

3 https://difu.de/nachricht/die-innenstadt-ist-mehr-als-die-summe-ihrer-nutzungen

4 https://www.clevere-staedte.de/projekt/f%C3%BCr-den-verband-deutscher-verkehrsunternehmen-umweltverbund-bringt-einzelhandelsumsatz

5 https://www.un.org/Depts/german/gv71/band1/ar71256.pdf